Messegrafik – so wichtig ist die Bildauswahl. Ein Interview mit Bildsprache-Expertin Angelika Güc

Angelika Güc, Sie sind Expertin für Bildsprache in der Marketingkommunikation. Warum ist die Auswahl von Bildern für den Messestand so immens wichtig?

Bilder sind die besten Verkäufer. Denn visuelle Eindrücke erreichen uns am schnellsten. Während unser Gehirn Bilder sofort aufnimmt, muss es Texte erst in Information umwandeln. Wir nehmen 83% aller Informationen mit den Augen auf und 60% des Gehirns befasst sich mit dem Wahrnehmen, Verarbeiten und Speichern von Bildern. Das führt dazu, dass der Markterfolg eines Unternehmens immer mehr von der visuellen Darstellung der Marke bzw. dem Produktangebot abhängt. Zudem sind Bilder einfach glaubhafter als Texte und bleiben um einiges länger im Gedächtnis.

Mehr als alle anderen Elemente in der Marketingkommunikation ziehen uns Bilder in den Bann. Sie schaffen es innerhalb von Bruchteilen von Sekunden,

  • unsere Aufmerksamkeit zu wecken
  • uns emotional zu berühren
  • uns gedanklich zu entführen
  • uns in Stimmungen zu versetzen
  • uns Geschichten zu erzählen
  • sich in unser Gedächtnis einzuprägen.

Welche Tipps können Sie Unternehmen für den Einsatz von Bildern auf Messen geben?

Auf Messen werden wir mit einer wahren Informationsflut – einem Mix aus Bild, Text und oft auch Ton in Kombination mit bewegten Bildern (Filme, Animationen, Virtual Reality, selbstablaufende Präsentationen, etc.) konfrontiert. Um den Messebesucher bei der Fülle von Angeboten und Messeständen durch bildliche Kommunikation zu erreichen sind diese fünf Punkte wichtig:

1. Klare Ausrichtung der Bildsprache auf die Zielgruppe

Das Bild muss nicht dem Marketing- oder Vertriebsleiter gefallen, sondern die Zielgruppe ansprechen. Es muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Voraussetzung ist natürlich, dass man seine Zielgruppe oder die Buyer Personas gut kennt. Oft höre ich bei der Bildauswahl den Satz „das gefällt uns nicht“ oder „das Bild wurde von unserem Geschäftsführer abgelehnt“. Es geht nicht um den eigenen Geschmack, denn es handelt sich um eine Messe und nicht das eigene Wohnzimmer.

2. Emotionen gewinnen: Bilder müssen unsere Sinne berühren

Gerade Technologie-Unternehmen tun sich schwer, ihre Dienstleistungen und Angebote bildlich darzustellen und greifen zu komplizierten Darstellungen, die technisch und kühl wirken. Meistens wird versucht, nahe am Produkt und Angebot zu bleiben, also es zu „bebildern“. Das ist aber gar nicht notwendig. Wichtiger ist es, den Messebesucher emotional anzusprechen, ihn in eine gute Stimmung, in ein Wohlfühlklima zu versetzen. Nur wenn ein Bild unsere Sinne anspricht, bleiben wir stehen und nehmen automatisch die Textinformationen auf. Dabei müssen die Bilder nicht zwingend aus dem Bereich des Produktangebots stammen.

Ein Softwareunternehmen auf der CeBIT mit Bildelementen ganz ohne Technologie. Hier steht der Mensch und Anwender im Mittelpunkt. Ein Blick direkt in die Augen, dem man sich nicht entziehen kann. (Quelle: eXpressive GmbH)

3. Authentische Aufnahmen punkten

Bildern sieht man es schon vom weiten an, ob sie schnell aus einer Bilddatenbank ausgesucht wurden, oder die dargestellte Situation realistisch und glaubhaft dargestellt ist. Ist dies für den Messebesucher nicht zu erkennen, fühlen wir uns von dem Unternehmen einfach nicht ernst genommen. Wir erkennen schnell, dass es sich um ein beliebig austauschbares Bild handelt und unser Unterbewusstsein überträgt dies auf das Angebot bzw. den Anbieter.

4. Qualität hat ihren Preis

Auf Messen werden hochwertige Produkte und hochpreisige Dienstleistungen vermarktet. Warum viele Unternehmen trotzdem zu Ramsch-Stockfotos greifen, ist mir ein Rätsel. Für einen Messestand wird einiges an Budget investiert. Bei den Fotos wird allerdings oft gespart. Meiner Meinung nach der falsche Ansatz, denn es sind die Bilder, die wir an einem Messestand sofort wahrnehmen. Unternehmen müssen sich überlegen, ob sie ihren Messebesuchen mit einer hochwertigen Bildsprache Appetit auf einen Standbesuch machen wollen oder bildliches Fast Food anbieten.

5. Durchgängiges unternehmensweites Bildkonzept

Fotos und Abbildungen, die auf Messen zum Einsatz kommen, sollten sich gut in die unternehmensübergreifende Bildsprache einfügen. Es müssen nicht zwangsläufig die gleichen Bilder zum Einsatz kommen, die schon für Broschüren oder die Website verwendet werden. Dennoch sollte eine Wiedererkennung spürbar sein. Die Messeverantwortlichen sollten sich eng mit den Kollegen aus dem Print, Web, Social Media, etc. abstimmen.

6. Bildinhalte auf Standdesign abstimmen

Messestände sind oft unübersichtlich, wenn eine Vielzahl von kleinen Exponaten ausgestellt werden. Enthalten dann die Bildbanner jede Menge einzelner Elemente, wirkt dies auf den Messebesucher stressig. Das Auge findet keine Ruhe. Texte kommen nicht zu ihrer Wirkung. Hier ist es sinnvoll, mit ruhigen und farblich einheitlichen Bildern einen Gegenpol zum kleinteiligen oder unruhigen Angebot zu bilden.

Bei diesem Beispiel wirkt das großformatige Foto vom Toten Meer ruhig inmitten der vielen kleinen bunten Exponate und bietet zudem einen idealen Hintergrund für den Text. (Foto: eXpressive GmbH)

6. Internationale Ansprache durch regionale Bildkonzepte

Viele deutsche Töchter weltweit agierender Unternehmen erhalten die Messegrafik vom der Marketingabteilung des Headquarters. Nicht immer passt die Bildsprache auf den lokalen Markt und spricht daher den Messebesucher nicht an. Hier gilt es die Bilder und Grafiken dahingehend zu prüfen, ob sie die regionale Zielgruppe erreichen können.

Wir bedanken uns bei Angelika Güc für die vielen wertvollen Tipps! Wer sich weiter in das Thema Bildsprache einlesen möchte, sollte sich hier informieren.